Einrichtung der Landeszahnärztekammer (LZK) Baden-Württemberg, Körperschaft des öffentlichen Rechts

Kreidezähne bei Kindern:
Das sollten Eltern wissen!

Gepostet am 07. November 2019

Der Zahnschmelz schützt die Zähne vor Säuren, Bakterien und schmerzhaften Reizen. Bei jedem siebten Kind in Deutschland bröckelt dieser Schutz. Knapp 14% der Kinder leiden an „Kreidezähnen“, die meist mit dem Durchbruch der ersten bleibenden Zähne (im Alter von 6 Jahren) sichtbar werden. Die sogenannte Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation, kurz MIH, ist in einigen Altersgruppen weiter verbreitet als Karies. Im Blog erklären wir, woran Sie Kreidezähne erkennen, was Sie selbst tun können und wie wichtig ein frühzeitiges Erkennen und Behandeln für den weiteren Verlauf der Gebissentwicklung Ihres Kindes ist.

Was sind Kreidezähne?

Kreidezähne sind leicht zu erkennen: Sie haben gelbliche, bräunliche oder weiße Flecken auf der Oberfläche. Betroffen sind die ersten bleibenden Backenzähne (Molaren) und die Schneidezähne (Inzisiven) – manchmal sogar die hintersten Milchzähne. Sie sind viel weicher als gesunde Zähne – der Zahnschmelz ist häufig nur ein Zehntel so hart wie normaler Zahnschmelz. Deshalb platzen häufig bereits beim Durchbruch große Teile des Zahnschmelzes ab, und der Zahn steht ohne Schutz da.

Darauf sollten Sie achten: 

  • Stellen Sie ungewöhnliche Flecken auf den Zähnen Ihrer Kinder fest?
  • Klagen Ihre Kinder häufig über Schmerzen beim Essen und Trinken?
  • Vermeiden Ihre Kinder das Zähneputzen aus Angst vor Schmerzen?

Dann sollten Sie das abklären lassen. Unsere Zahnärztin Sarah Gronwald hat sich auf die Behandlung von Kreidezähnen spezialisiert, veröffentlicht ihre Erfahrungen in zahnärztlichen Zeitschriften und hält darüber Vorträge vor Ärzten und Zahnärzten.

Hier finden Sie außerdem ein aktuelles Radio-Interview unseres Chef-Zahnarztes Prof. Dr. Johannes Einwag zu dem Thema Kreidezähne: Radiointerview bei SWR4 zum Thema Kreidezähne bei Kindern

Was sind die Ursachen?

Die genauen Ursachen für die Zahnschmelzstörung sind noch nicht bekannt. Fest steht: Es liegt nicht an einer mangelnden Zahnpflege, sondern an Umweltfaktoren in den ersten beiden Lebensjahren!

Im Verdacht stehen Umweltgifte (insbesondere Dioxine), die über die Muttermilch in den kindlichen Körper gelangen und dort die schmelzbildenden Zellen schädigen. Die Kinder von Müttern, die 10 Monate gestillt hatten, waren beispielsweise deutlich häufiger betroffen als Kinder, die nur 6 Monate gestillt wurden. Im Verdacht stehen weiterhin Weichmacher, die in Kunststoffen und Gummiartikeln verarbeitet werden. Besonders Bisphenol A ist in den Fokus der Wissenschaftler geraten. Seit 2011 ist er in Babyflaschen verboten. Auch Antibiotika, Infektionskrankheiten und Atemwegserkrankungen in den ersten beiden Lebensjahren können an der Entstehung von MIH mitwirken.

Welche Folgen haben Kreidezähne für mein Kind?

Kreidezähne sind wesentlich schmerzempfindlicher als gesunde Zähne. Der beschädigte Zahnschmelz ist nicht mehr in der Lage, den Zahn ausreichend vor äußeren Reizen zu schützen. Bereits leichte Berührungen können äußerst unangenehm sein.

Das Zähneputzen ist für betroffene Kinder häufig eine Qual. Auf Dauer leiden auch die gesunden Zähne, wenn die tägliche Zahnpflege ausfällt. Häufig nehmen Kinder eine Schonhaltung ein, um Zahnschmerzen zu vermeiden. Das kann im schlimmsten Fall zu Fehlstellungen des Gebisses führen, die kieferorthopädisch korrigiert werden müssen.

Das sind mögliche Folgen von MIH:

  • Schmerzen beim Genuss von heißen und kalten Speisen
  • starke Berührungsempfindlichkeit
  • Entstehung von Fehlstellungen aufgrund von Schonhaltungen
  • Teile des Zahns brechen ab

Wie hilft der Zahnarzt?

Kreidezähne benötigen besonderen Schutz. Ihr Kind soll keine Schmerzen haben, wenn es trinkt, isst oder sich die Zähne putzt. Kleinere Zahnschmelzstörungen, die keine Schmerzen verursachen, müssen wir hingegen nicht unbedingt mit z.B. Füllungen behandeln.

Ganz besonders wichtig ist die Umsetzung eines individuell abgestimmten Prophylaxeprogramms aus engmaschiger professioneller Betreuung (in der Regel in Abständen von 3 Monaten) und intensiver täglicher häusliche Zahnpflege. Der Einsatz fluoridhaltiger Zahnpasten, ggf ergänzt um die wöchentliche Anwendung fluoridhaltiger Gele, ist darüber hinaus empfehlenswert. Hintergrund: Die Zahnoberfläche von „Kreidezähnen“ ist rauer und weicher als normaler Schmelz. Schädliche Beläge können sich leichter anheften – ein erhöhtes Kariesrisiko ist die Folge!

Bei größeren Defekten am Zahnschmelz ist eine Überkronung häufig unumgänglich – oft schon in jungen Jahren! So schützen wir den Zahn vor äußeren Reizen. In besonders schweren Fällen ist auch die Entfernung dieser Zähne eine Möglichkeit. Wenn noch alle Weisheitszähne vorhanden sind, können sich diese nach vorne schieben und so die entstandene Lücke schließen.

Wichtig ist, dass Sie möglichst früh mit Ihrem Kind zur Kontrolle in unsere Praxis kommen. So stellen wir rechtzeitig fest, ob eine Zahnschmelzstörung vorliegt und können helfen. Gerne geben wir Ihnen auch Tipps, mit denen die Zahnpflege der beschädigten Zähne zu Hause leichter fällt.